Laufberichte


Düsseldorf Marathon am 06.05.2007
Laufbericht von Kerstin
 

Mein  Handy klingelt. Nein,  kein Anruf  oder eine SMS.  Die Weckfunktion… Und mir wird langsam klar, dass ich heute versuchen werde, meinen  ersten  Marathon ins Ziel zu  laufen. Komischerweise habe ich gut geschlafen – das ging mir bei meinen  Halbmarathons  im  letzten  Jahr nicht  so. Vielleicht liegt es  daran, dass  ich große Zweifel habe,  die 42,195 km überhaupt  durchzustehen, weil   mir mein  Knie in den letzten  4 Wochen  doch   ein  paar  Probleme bereitet hat. Ok, ich versuche  mir  mit Doc Micky zu  sagen, wird  schon schief gehen, du  hast  nix Schlimmes am  Knie  und es  wird  halten. Anziehen, den bereitgelegten Kram zusammensuchen, 2 Toasts geschmiert und da biegt auch schon Annette mit dem Taxi um die Ecke… Toasts in die Hand und ab zur S-Bahn. Im Düsseldorfer Bahnhof kommt spätestens Marathon-Feeling auf. Die Läufer strömen von nah und fern in die U-Bahn. Langsam werde ich aufgeregt. Annette muss mich schon runterfahren, aber ihr geht es auch nicht besser. Im Zielbereich geben wir den Kleiderbeutel ab und ich treffe auf  meine Marathonis des RP-Teams.  Ist  das schön euch zu sehen! Gemeinsam regt man sich doch viel besser auf! Annette muss noch zum   Foto-  shooting des UKD-Teams und wir verabreden uns im hinteren Startblock…                                                                      

Los geht´s. Wir trampeln langsam in Richtung Startbereich. Zum Glück nimmt mich Kalle, ein Teamkollege, ans Händchen und  redet beruhigend auf mich ein. Nun gut, am  Start bin ich schon mal. Wo  ist Annette? Ich will sie per Handy anrufen, aber mein  Handy meldet: SIM-Karte einlegen! Hä? Aus und  wieder an. Puh, funktioniert wieder!  Annette ist unterwegs. Noch ein paar Umarmungen mit anderen Team-Kollegen und ein hoffnungsvolles: Wir sehen uns im Ziel…. Da ist Annette! Never change a winning team!  Wir laufen zusammen ins Ziel oder gar nicht!                                                                       

Es ist halb 10 und viele rote Luftballons am Himmel zeigen uns, dass es jetzt kein Zurück mehr gibt. Der hintere Startblock setzt sich mit nur 5 Minuten Rückstand zu den ersten in Bewegung. Kein Gedränge, alles locker und das Gefühl: Ja, ich laufe jetzt   einen Marathon! Bobby, der Rennschnecken-Betreuer aus dem RP-Team läuft mit seiner Tochter Christina kurz vor uns. Micky meint, ich solle an ihm dranbleiben, wenn ich unter 5 h ins Ziel kommen möchte. Erstmal MÖCHTE ich ins Ziel. Zeiten habe ich abgeschrieben. Irgendwann  ist Bobby nicht  mehr zu sehen, aber Annette  und ich laufen ruhig  und locker. Und das Knie merke ich kaum. Die ersten 10 km vergehen recht schnell. Wir haben unser Tempo. Mein mp3-player dudelt brav meine Marathon-Motivationsmusik. Ohne den geht gar nicht!! Kommt gleich hinter Annette! Langsam bereiten wir uns auf  die „Einnahme“ unseres ersten  Gels vor bei  km 15. Steven hat uns  bis  dahin schon brav mit salzhaltiger Apfelschorle versorgt.  Jetzt  muss  Wasser  her, um  das Gel runterzuspülen. Geschafft.  Mein  Handy  klingelt: Inge,  eine  pensionierte Kollegin  will  wissen, wie weit ich bin und  ob  es  mir gut geht! Toll,  diese neuen  Medien!! Wir  biegen in eine Straße ein (leider weiß ich den Namen nicht mehr!), die es versteht zu feiern und anzufeuern! Ich sehe ein großes Banner quergespannt mit: … -Straße grüßt alle Läufer! Wir kommen um die Ecke und großer Jubel erhebt sich, der eindeutig Annette und mir gilt (am  Ende  ist  das  Feld  nicht  mehr  so  dicht und  vor und nach uns ist erstmal keiner..)!! Ein  geiles  Gefühl!! Man  muss allerdings zugeben, dass wir dem Publikum auch was bieten wollen – schließlich sitzt auf unseren Läufer-Käppis jeweils eine orangefarbene Krake und unser Schulterblatt ziert ein blauer Hai, der unseren Biss andeuten soll… (Wir waren eine Woche vorher bei einem schwedischen Möbelhaus und haben uns besonders wild durch die Kinderabteilung geshoppt!)                  

Kaum  zu glauben, wir  nähern un s der Halbmarathondistanz: jetzt  sind wir schon 2 h und 25 Min unterwegs! Na, ja, nicht gerade  schnell, aber  rund  laufen wir. Ute  und Lisa,  Annettes Saunagirls, tauchen  auf  und  feuern uns an. Irgendwer ruft Kerstin - Jens,  mit dem  ich   zusammen  Abi  gemacht  habe, hat  mich  entdeckt.  Super! Dann fährt  plötzlich  noch  eine „Maltante“ von Annette  mit  ihrem  Mann  auf  dem  Tandem neben uns und es wird Zeit, ans nächste Gel bei km 25 zu denken.  Jetzt  bereite  ich mich  geistig auf  den  Einlauf auf die  Kö  vor und  dass Uwe uns in seine Obhut nimmt und uns irgendwie ins Ziel bringt. Aber vorher setzt uns Wolle noch ins rechte Licht. Das erste Foto war nix, also noch ein zweites und  jetzt  sind wir laut Wolle gut getroffen. Recht  hatte er! Zack, sind wir an der Kö und Uwe begrüßt uns am Getränke- stand mit einem: Ach, da seid ihr ja, verabschiedet sich und trabt ab sofort an unserer Seite. Er findet, wir sehen noch ganz gut  aus   und  stoppt,  wie  viel wir  auf einem Kilometer  laufen: über 7 Min! Sein  Kommentar:  Mädels, wenn ihr unter 5 Stunden  laufen  wollt, dann  müsst ihr jetzt ein bisschen anziehen..! Ich stöhne: Uwe, sag mir das bei km 33 nochmal! Und halte dann meine Klappe. Hier hänge ich ein bisschen durch und will unbedingt über die 30 km-Marke, denn mehr bin ich in meinem  bisherigen Leben nicht  an einem Stück  gelaufen. Und dann weitersehen… Annette unterhält sich mit Uwe und ich bin  tatsächlich  etwas  schweigsam… Bei km 30 werde ich  wieder  munterer. Jetzt kommt für mich die Kür! Mein Handy zuckt  wieder: eine SMS  von meinem ältesten: Mama,  wie weit  bist du?  Ich tippe in aller Seelenruhe: km 33 und es läuft gut… Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten: Cool…!   Uwe  ist begeistert: jetzt  sind wir schon locker unter 7 Min im Schnitt!  Bei  km 35 gibt es  am Getränkestand ein Gel geschenkt  und  das  nehmen  wir  dann auch noch mit. Nächste SMS von Afra,  einer  Freundin.  Im Laufen antworten - kein Problem für   Frauen!  Ich  schaue Annette  an und begreife allmählich,  dass der  Traum  Marathon  funktionieren könnte… Annette, meinst du, wir kommen jetzt tatsächlich ins Ziel?!  Die  Musik  baut  mich  weiter auf. Die etwas langweilige Strecke in Oberkassel liegt hinter uns und jetzt kann ich das Ziel schon förmlich riechen…  Annettes Kolleginnen tauchen wieder auf. Stimmt, die waren eben schon mal da…  Jetzt kommt die Brücke. Die Schwämme sind die letzten km permanent im Einsatz… Wir nutzen jeden Schatten, den wir finden können. Bis jetzt war das Wetter nur genial, aber in der prallen Sonne wird es doch grenzwertig. Ich glaube, das war km 39. Jetzt heißt es Endspurt! Wir ziehen weiter an ..km 40.. Wir hören von der Seite: Ihr seht  aber  noch  gut und fit aus!                                                                                                                                                   

Und wen sehe ich  da plötzlich  vor  uns?! Bobby! 500 m vor dem Ziel! Annette und ich gucken uns an… nicken  uns  zu… und geben Gas! Uwe brüllt: Mädels, den anderen RPler kriegt ihr auch noch! Ich nehme Bobby in den Arm, winke und weg sind  wir! Vorbei am nächsten  gelben RP-T-Shirt, tschö und danke,  Uwe, und  laufen Hand in Hand durchs Ziel! Never change a winning team!!! Nettozeit von 4:53! Und das locker! Wir sind begeistert!!
Eigentlich wollten wir singen: Eins kann uns keiner nehmen und das ist die pure Lust am Leben, aber das haben wir in der Aufregung vergessen!                                                                                                                                                   Wir wissen jetzt: Berlin, Berlin,  wir  fahren nach  Berlin!  Das war unsere Quali(fikation)! Unser Start-Gedanke: Wenn  wir den  Düsseldorf-Marathon  schaffen,  belohnen wir uns mit dem Berlin-Marathon im Herbst und ein paar netten Tagen dort!

Na, dann: Berlin, wir kommen und peilen die 4:30 an!!!

Kerstin