Allgemeines
Der Brüder Grimm Lauf ist ein Etappenlauf, der vom Main-Kinzig-Kreis
veranstaltet wird. Gestartet wird in Hanau, der Geburtsstadt der Brüder
Grimm, und er endet in Steinau an der Straße, wo die Brüder ihre Jugend
verbrachten. Dabei folgt die Strecke im wesentlichen dem Kinzigtal.
Bewältigt wird die offiziell knapp 82 km lange Distanz in fünf
Einzeletappen, die jeweils zwischen 13 km und 18 km lang sind. Der Lauf
ist ein Landschaftslauf, d.h. es wird fast ausschließlich auf Wald- und
Wirtschaftswegen gelaufen. An einigen Stellen - besonders in der Nähe von
Hanau - ist es aber unvermeidlich, auch ein Stück parallel zur Autobahn
oder auf einer Spur der Bundesstraße zu laufen. Das kommt aber wirklich
selten vor. Ehrlichweise muss man darauf hinweisen, dass das Kinzigtal
zwar landschaftlich schön ist, es aber keine touristisch herausragenden
Sehenswürdigkeiten gibt. Trotzdem sind die Stadtkerne der Start- und
Zielorte recht ansehlich, so dass es doch das eine oder andere zu
entdecken gibt.
Der Lauf ist in jeder Hinsicht sehr gut organsiert. Es sind an allen
Start- und Zielorten ausreichend Parklätze verfügbar. Ein ausgeklügeltes
Bus- und Gepäcktransportsystem sorgt dafür, dass Läufer und Gepäck immer
rechtzeitig an der gewünschten Stelle sind. Auch die Läufterparty in der
altehrwürdigen Gelnhäuser Stadthalle war prima organisiert und hat Spaß
gemacht.
Jetzt aber mal ein paar Worte zu den Etappe:
Rotkäppchenetappe von Hanau nach Niederrodenbach, Freitagabend, 15,5 km
Auf dem Marktplatz von Hanau am Fuße des Denkmals der Brüder Grimm ist der
Start aufgebaut. In strahlendem Sonnenschein bei ca. 28 °C steht fünf
Minuten vor dem Startschuss kaum ein Läufer hinter der Startlinie. Alle
haben sich noch im Schatten der umliegenden Gebäude verkrochen, um nicht
zu früh der Hitze ausgesetzt zu werden. Nachdem der Sprecher mehrfach dazu
aufgefordert hat, sammeln sich die Läufer doch an der Linie. 525 Läufer
machen sich auf den Weg auf die erste Etappe. Hinzu kommen noch
vereinzelte Einzeletappenläufer, die nicht den gesamten Lauf mitmachen.
Diese werden auch nur in den Tageswertungen berücksichtigt.
Im hinteren Mittelfeld hatte ich mich aufgestellt, und mit dem Startschuss
brauchte ich ca. 10 Sekunden bis zur Startlinie. Selbst in dem hinteren
Bereich, war das Tempo meiner umliegenden Mitläufer sehr hoch - schneller
als 5 min/km. Da die Streckenführung hier noch sehr eng war, konnte man
kaum langsamer machen. Erst nach zwei Kilometern gelang es mir, mich auf
mein Tempo einzupendeln. Das war auch etwa der Punkt, an dem wir die Stadt
Hanau verlassen haben und in die Bulau, das Waldgebiet einbogen. Ab hier
verlief die Strecke fast ausschließlich im Wald, was angesichts der
Temperaturen sehr angenehm war. Mit regelmäßigen Versorgungsständen, an
denen Schwämme und Wasser gereicht wurden, war die sehr flache Strecke gut
zu bewältigen. Viele hatten aber doch erhebliche Probleme mit der Hitze;
der erste Läufer brach bereits nach 6 km zusammen. Ursache hierbei war
sicher auch das hohe Anfangstempo. Allerdings verstehe ich persönlich
nicht, dass Läufer, die einen Lauf über 80 km melden, nicht genug
Erfahrung haben, um mit solchen Gegebenheiten umzugehen. Nur 498 der 525
kamen in Niederrodenbach ins Ziel.
Dornröschenetappe von Niederrodenbach nach Neuenhaßlau, Samstagmorgen, 14
km
Der Start am Samstag verlief ähnlich wie am Freitag, allerdings war
das Tempo deutlich geringer. Der eine oder andere hatte wohl doch gelernt.
Jetzt kannte man sich auch schon etwas besser jeder wusste ungefähr wie
schnell die anderen Läufer laufen, so dass es auch weniger Durcheinander
am Start gab. Die Strecke führte zunächst flach über einen Wirtschaftsweg
nach Niederrodenbach in den Ort. Der Weg war gerade breit genug für zwei
Läufer nebeneinander, was überholen oder überholen lassen auf dem ersten
Kilometer fast unmöglich machte. Von Niederrodenbach nach Oberrodenbach
kam der erste ernstzunehmende Anstieg des Brüder Grimm Laufes. Eine
leichte Welle von vielleicht 20 Höhenmetern; aber auch hier schimpften
schon die ersten. Von Oberrodenbach ging es dann auf den "Käfernberg",
auch ein noch eher dezenter Berg. Das folgende Gefälle führte nach
Gondsroth. In Gondsroth wurde uns die Läuferlegende Harald Schmid
(Europameister über 400 m Hürden) versprochen - der war wohl gerade nicht
zu Hause. Aber immerhin durften wir Markierungen auf der Straße bewundern,
wo er an ruhigeren Tagen seine Hürden aufzustellen pflegt. Grundsätzlich
war ich froh, dass die Hürden jetzt weggeräumt waren. Nach ca. 1,5 km
liefen wir in Neuenhaßlau ins Ziel ein. Jetzt waren nur noch 471 dabei.
Schneewittchenetappe von Neuenhaßlau nach Gelnhausen,
Samstagnachmittag, 16 km
Neuenhaßlau: es ist wirklich langweilig dort, wenngleich der
Veranstalter alles tut, damit man die Zeit von ca. 6 Stunden zwischen den
beiden Läufen zur Erholung nutzen kann. Es steht eine Sporthalle zum Ruhen
und für Massagen zur Verfügung (wie übrigens in allen Etappenzielen). Es
wird ein Mittagessen angeboten und der Sprecher hält zum Glück mal seine
Klappe. Dennoch, ich war froh, die Wartezeit bei meinen Eltern in
Hainstadt verbringen zu können...
Die Strecke von Neuenhaßlau nach Gelnhausen empfand ich als sehr
anspruchsvoll. Distanz und Profil entsprechen etwa unserer bekannten
Bergziege. Allerdings war die Wegbeschaffenheit zum Teil schwieriger, mit
Schotterstellen und Löchern, so dass sehr konzentriert gelaufen werden
musste. Landschaftlich zählte die Tour aber zu den schöneren Teilen. Wenn
man von der Anhöhe "Heiligenkopf" über freie Roggenfelder wieder
hinabläuft hat man einen herrlichen Blick auf das im Tal liegende
Gelnhausen. Und man sieht auch toll die Berge, die dahinter liegen, von
denen man weiß, dass sie die Aufgabe für den Sonntagmorgen sind...
Mit 28 °C, schwülwarmer Luft und praller Sonne sicher die schwerste
Prüfung in diesem Jahr beim Brüder Grimm Lauf. Meine langsamste Etappe,
aber immerhin angekommen, so wie alle 471 vom Vortag.
Abends gab es in der Stadthalle von Gelnhausen eine tolle Nudelparty. Der
Stadtkern von Gelnhausen ist schön mittelalterlich erhalten - es lohnt
sich.
Frau-Holle-Etappe von Gelnhausen nach Wächtersbach, Sonntagmorgen, 16,5
km
Die Strecke musste wegen Bauarbeiten in diesem Jahr verändert werden.
Dadurch ging es nicht ganz so hoch hinaus und es war auch etwas kürzer als
in den vergangenen 28 Läufen. Aber der Reihe nach: Start war um 9:00 auf
dem Untermarkt, ein schöner Platz inmitten von Sandstein- und
Fachwerkgebäuden. Vom Start ging es ca. 1 km über Kopfsteinpflaster direkt
leicht bergauf. Man beachte hier das Kopfsteinpflaster, das aus Sandstein
besteht und daher schön rot ist. Auch hat man den Sandstein so verbaut,
dass man die einzelnen Gesteinsschichten auf den Steinen erkennen kann.
Das erzeugt ein dem Kopfsteinpflaster überlagertes Streifenmuster auf der
Straße. Wirklich toll. Nun, ca. 1 km hatte ich Zeit darüber nachzudenken,
dann ging es wieder bergab nach Haitz, wo dann mit dem dritten Kilometer
ein 3 km langer moderater Anstieg beginnt. Es war nicht so steil, wie ich
befürchtet hatte, aber viele meiner Mitläufer hatten hier doch erhebliche
Probleme.
Oben auf dem Berg, nach 6 km war es dann für weitere 6 km "wellig", ein
munteres Auf und Ab. Die letzten 4 km ging es dann steil in das Tal
hinunter. Diese Passage empfand ich als sehr schwierig, weil auch die
Wegebeschaffenheit nicht überall gut war. Am Ende der Gefällestrecke ging
es direkt in das Stadion mit dem Zieleinlauf. Das Feld hat sich um weitere
elf Läufer auf 460 verkleinert.
Kurz nach meinem Zieleinlauf begann es heftig zu regnen und ein starkes
Gewitter zog auf.
Der Start der nächsten Etappe war in Bad Orb, so dass die Wartezeit von
ca. 5 Stunden mit dem Bustransfer und einem Mittagessen in Bad Orb
überbrückt wurde.
Hänsel und Gretel-Etappe von Bad Orb nach Steinau an der Straße,
Sonntagnachmittag, 17,7 km
Die Pause hat es fast komplett durchgeschüttet. Ich dachte schon, dass
jetzt der Mythos beendet ist, nachdem ich bisher noch nie einen Wettkampf
im Regen laufen musste. So verbrachte ich die meiste Zeit in der völlig
überfüllten Grund- und Hauptschule. Aber: ca. 90 Minuten vor der Startzeit
endete der Regen und die Sonne kam hinter den Wolken hervor. Das gab die
Gelegenheit, noch ein wenig Bad Orb zu besichtigen, das als Kurstadt auch
über einen schönen Stadtkern verfügt. Durch das zeitgleiche Erdbeerfest
war die Stadt auch voller Menschen, so dass es nicht langweilig wurde.
Der Start zur letzten Etappe erfolgte pünktlich um 15:30 Uhr und das Feld
setzte sich durch den Ort in Bewegung. Nach 1 km kam der stärkste Anstieg
des gesamten Brüder Grimm Laufes: auf 2 km Länge, 150 Meter in die Höhe.
Genauso steil ging es danach wieder bergab und es folgte ein im
wesentlichen flacher Lauf im Kinzigtal nach Steinau an der Straße. Auf
diesem etwa 11 km langen Stück ist mir aufgefallen, dass die Stimmung der
Zuschauer in Bad Soden und Salmünster recht gut war. Eine kleine
Nervenprobe war nochmal der Anstieg auf die Kinzigtalsperre - das waren
aber nur auf 10 m auf 100 m Länge, aber so kurz vor Schluß ist das schon
gemein. Die Sonne hatte wieder für Temperaturen von 25 °C gesorgt und das
Fehlen von Bäumen im Kinzigtal sorgten nochmal für einen anstrengenden
Abschluss. Und dann der Zieleinlauf: natürlich eine "Bergankunft". Die
letzten 300 m geht es nochmal hoch, ist nicht schlimm, tat aber trotzdem
weh. Zumal hier wirklich viele Zuschauer standen und man dann natürlich
nicht mehr gehen wollte...
Das Ziel erreichten 426 Läufer, also 99 der ursprünglich 525 kamen nicht
an. Das zeigt vielleicht mehr als die Zeiten und die Plazierungen, wie
anstrengend der Lauf doch war.
Sachen, die ich nicht verstanden habe...
Warum ist der Lauf über 82 km ausgeschrieben, die Summe der
Einzeletappen beträgt aber nur 79,7 km?
Habe ich was vergessen?
Wo waren eigentlich Hänsel und Gretel, Frau Holle, Dornröschen,
Rotkäppchen und Schneewittchen?
Waren die 7 Zwerge unter den Läufern?
Warum macht der Veranstalter nicht mehr Werbung in der Presse für diesen
tollen Lauf?
Weshalb gibt es zwar ein Finisher T-Shirt aber keine Erinnerungsmedaille?
Wieso ist alles so super organisiert, es aber im Vorfeld so schwierig an
Informationen zu kommen?
Das ist aber eigentlich alles nicht so wichtig - der Lauf ist toll und am
Ende zählen ohnehin die kleinen Erinnerungen während der drei Tage mehr.
Die Gruppe von 500 Läufern wächst in dieser Zeit durchaus etwas zusammen
und ich habe niemanden getroffen, der nicht nochmal mitlaufen möchte.
Boris
Boris Kasper / l t-run4fun.de
/
142. Platz in der Gesamtwertung /
64. Platz M40 / 07:04:37 Std.
1. Etappe Hanau - Rodenbach 16 km
172. Platz in 1:23:26
2. Etappe Rodenbach - Neuenhasslau 14 km 152. Platz in 1:13:56
3. Etappe Neuenhasslau - Gelnhausen 16 km 179. Platz in 1:28:05
4. Etappe Gelnhausen - Wächtersbach 17 km 121. Platz in 1:25:36
5. Etappe Bad Orb - Steinau 18 km 117. Platz in 1:33:34
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